Mittwoch, 23. April 2014
Ein weiter Schreibversuch
alfonsius, 19:17h
Kälte. Sie durchzog seinen ganzen Körper. Ließ ihn nicht los. Was? Was war passiert? Wo war er? Mandusz schlug die Augen auf. Die Erinnerung strömte in sein wärmer werdendes Gehirn. Das Kolonieschiff! Er war auf dem Kolonieschiff. Blind tastete er nach dem Schalter für die Cryokammer, fand ihn und öffnete die Tür. Wärme strömte auf ihn ein. Langsam, ganz langsam, stieg er aus der Kammer und griff nach dem bereitliegenden Overall. Er zog ihn an, dann die Schuhe und ging Richtung Kommandozentrale. All das geschah nicht bewusst, sondern war nur die Folge unzähliger Übungen die er vor 35 Jahren absolviert hatte. Mitten auf dem Gang kam Mandusz ruckartig zu Stehen. „35 Jahre. Du bist 35 Jahre älter als das letzte mal wo, du dich gesehen hast!!!!“ Er schaute auf seine Hand. Der Kälteschlaf hatte seinen Körper so ruhig gestellt das er nur 7 Jahre älter wurde, aber die Veränderungen waren doch deutlich zu sehen. „Oder bilde ich mir das nur ein?“ Sicher konnte er sich nicht sein denn als sie aufbrachen hatte noch kein Mensch so eine lange Zeit in der Cryokammer verbracht. „35 Jahre“ der Gedanke ließ ihn nicht los. Mandusz setzte sich wieder in Bewegung. Wenigstens war er der erste, der die neue Heimat sehen würde. Der Gedanke ließ in erschauern. Was sie wohl erwarten würde? Nachdenklich zog er die Stirn kraus. Viele Informationen hatten sie ja bei ihrem Aufbruch nicht gehabt. Sie alle die sich auf diesem Schiff befanden waren im Grunde genommen Flüchtlinge. Oh, das Projekt Newworld existierte schon lange. Aber leider war ja so was kleines wie der große Krieg dazwischen gekommen. Mandusz fletschte die Zähne und seine Augen verengten sich vor Wut. „Unsere ach so zivilisierte Welt. Von ein paar Glaubensfanatikern aus den Angeln gehoben.“ Er erinnerte sich noch zu gut daran. Ein paar religiöse Eiferer die ein neues Zeitalter beginnen wollten hatten die Lasersatelliten der vereinten Nationen unter ihre Kontrolle gebracht und ganze Großstädte vernichtet. Die folgende Hetzjagd hatte in einem Chaos geendet. Jeder beschuldigte jeden und wurde von jedem beschuldigt. Es entbrannte ein fürchterlicher Krieg in dem jede Nation gegen alle spielte. Pakte wurden geschlossen und wieder gebrochen, was zu noch mehr Toten führte. In diesem Chaos das bereits über Jahrzehnte anhielt hatten sich ein paar der fähigeren Leute an das Projekt Newworld erinnert. Die technischen Voraussetzungen waren schon vor dem Krieg geschaffen worden. Das Kolonieschiff trieb in der Umlaufbahn und da es keinerlei militärischen Nutzen hatte kümmerten sich die Staatsmänner nicht darum. Um nicht doch noch Aufsehen zu erregen wurden statt der möglichen zwölftausend nur achttausend Menschen an Bord gebracht. Mandusz und viele andere die an dem Projekt gearbeitet hatten, soweit sie noch lebten, wurden von den Schlachtfeldern oder aus den Gefangenenlagern geholt und setzten ihre Arbeit fort. Das Schiff war nach all den Jahren in einem miserablen Zustand und es waren viele Reparaturen erforderlich. Zudem war das Schiff ja noch nicht ganz fertig, so das sie noch fast volle zwei Jahre brauchten bis das Schiff abflugbereit war. Zwei Jahre lebten sie mit der Furcht entdeckt zu werden und kurz vor dem Abflug wäre es auch beinahe passiert. Peter Genster, einer der geistigen Väter der ganzen Sache, war aufgeflogen. Er hatte sich selbst geopfert und so die Leute der Newage, so hieß das Kolonieschiff, gerettet. Leider hatte das auch einen immensen Rückschlag für die Mission bedeutet, weil Genster neben seiner visionären Kraft auch derjenige war der sich um das Ziel gekümmert hatte und so hatten sie beim Start wenig mehr als die Zielkoordinaten. Die Angst vor einer Entdeckung hatte seltsame Blüten getrieben und so waren selbst ihm, Mandusz, als Piloten nur die absolut Notwendigsten Informationen gegeben worden. Er wusste ebenso wenig über den Planeten wie auch über die restlichen Besatzungsmitglieder an Bord oder gar über die Siedler. Seine Astrogatorin und der Chefingenieur waren die einzigen neben seinem EinsO, die er während der Startphase kennen gelernt hatte. Viel Zeit hatten sie durch die Hektik des Starts noch nicht miteinander verbracht und danach waren sie ja direkt in die Cryokammern gegangen aber das was er mitbekommen hatte stimmte ihn zufrieden. Es waren gute Leute. Endlich erreichte er eine der Transportgondeln, die das ganze Schiff durchzogen. Er stieg ein und aktivierte die Zielkontrolle. Lautlos setzte sie Gondel sich in Bewegung. „Wenigstens funktioniert das. Wäre ja noch schöner, wenn ich den ganzen Weg zu Fuß laufen dürfte.“ Dachte er mit einem angespannten Grinsen. Durch die Entdeckung Gensters waren sie gezwungen gewesen zu starten, obwohl noch nicht alle Systeme einwandfrei arbeiteten. Alles lebenswichtige war in Ordnung aber viele Kleinigkeiten wiesen noch Fehlfunktionen auf. „Wie zum Beispiel die Tür zur Brücke.“ Mandusz rieb sich in Erinnerung die Stirn. Mehr als einmal war er gegen diese verdammte Tür gelaufen, weil sie sich willkürlich schloss. Oder seine Cryokammer. Die Brückenmannschaft hatte eigene Kammern direkt in der Nähe der Brücke um schneller in Bereitschaft zu sein, falls irgendetwas passieren sollte. Leider ließ sich seine Kammer nicht aktivieren so das er gezwungen war auf eine auf dem Siedlungsdeck auszuweichen. „Wenigstens ist das Schiff nicht voll ausgebucht sonst hättest du ganz schön dumm aus der Wäsche geguckt.“ Bei dem Gedanken musste er laut lachen. Ein Klingelton kündigte an das er sein Ziel gleich erreicht haben würde. Er stand auf und strich seine Uniform glatt. Die Tür glitt auf und vor ihm breitete sich das imposante Panorama der Brücke aus. Das Schiff war damals auch nach Kostengründen konstruiert worden. Dadurch hatte man versucht auf bereits vorhandenes zurückzugreifen und die Brücke war ein Resultat dessen. Sie stammte aus einem Kriegsschiff und war dementsprechend groß. Umbauten hätten zusätzlich Geld gekostet und so war die alte Aufteilung erhalten geblieben. Nicht das Mandusz etwas mit dem Platz des Waffenoffiziers oder ähnlichem etwas hätte anfangen können, aber das Bild, das diese Brücke mit all den blinkenden Lichtern Schaltern und Monitoren bot, war einfach atemberaubend und nicht mit einer zivilen Brücke zu vergleichen. Er drehte den Kopf, als er ein aufgeregtes Murmeln vernahm.
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